Yoga ist…

Yoga ist viel mehr als nur eine weitere Methode zur Entspannung von Muskeln oder zur Linderung von Rückenschmerzen. Auch wenn häufig postuliert wird, Yoga sei im Westen angekommen und hätte sein Image zwischen Hipsterbewegung und Alternativdenken abgelegt: Was Yoga kann und was Yoga bedeutet, das wissen die Wenigsten.
Was also ist das Besondere an Yoga, und wieso hat Yoga nichts mit Lifestyle, Fitness oder Esoterik zu tun?
Ein Schlüssel zum Verständnis von Yoga ist der Begriff der Wahrnehmung. Er versteckt sich unter anderem in der etwas abgegriffenen Bezeichnung „Achtsamkeit“. Damit ist die Art und Weise gemeint, in der wir unser Denken, Fühlen und Tun ausüben: Stolpern wir hektisch in einen Tag, an dem wir alles gleichzeitig machen, beim Essen Mails checken, beim Gehen telefonieren, in Calls nebenbei Agenden abarbeiten und den Kopf immer überall haben, nur nicht im Hier und Jetzt – oder sind wir ganz im jeweiligen Moment und nehmen unser äußeres Umfeld ebenso wie unser Inneres bewusst wahr. Ungefähr so:

Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich esse, dann esse ich.“

Aus einer zenbuddhistischen Parabel

Interview: Was ist das Besondere an Downtempo-Yoga Linz?

Angesichts der Fülle an Yoga-Angeboten verliert man schnell den Überblick. Während man vor 20 Jahren einfach in den Yogakurs der Volkshochschule ging, hat man heute die Qual der Wahl zwischen Power-Yoga, Luna-Yoga, Bikram-Yoga, Yoga mit Ziegen und zahlreichen weiteren Varianten. In meinem neuen Yoga-Ort in der Tabakfabrik Linz wurde ich deshalb gefragt, was denn das Besondere an „meinem“ Yoga-Unterricht sei. Das ganze Interview könnt ihr hier nachlesen:

Frage: Warum sollte jemand zum Yoga gehen, der/die gar nicht „Gymnastik“ machen möchte bzw. dafür gar nicht motiviert ist? Zitat: „ich bin ja gar nicht beweglich…“  

Antwort: Grundsätzlich sollte man hier schon einmal unterscheiden: Wer Yoga machen möchte, sollte Yoga machen; wer Gymnastik machen möchte, sollte Gymnastik machen. Das sind zwei grundverschiedene Dinge. Außer der Tatsache, dass man bei beidem den Körper bewegt, haben sie nichts miteinander gemeinsam. 
Yoga ist eine jahrtausendealte fernöstliche Philosophie. Was wir im Westen jedoch gemeinhin unter „Yoga“ verstehen, stellt nur einen kleinen Teil dieser Philosophie dar, nämlich den Bereich der Körperübungen. Diese Übungen waren im ursprünglichen Verständnis eigentlich nur dafür gedacht, den Körper auf das Sitzen in der Meditation vorzubereiten. Wenn wir im Westen also „Yoga“ gleichsetzen mit gymnastischen Übungen, für deren Gelingen man möglichst beweglich sein muss, dann verkennen wir den eigentlichen Sinn von Yoga. 
Wer Yoga praktizieren will, muss also nicht unbedingt beweglich sein. Der Yoga-Stil, den ich unterrichte, heißt „Vini-Yoga“ und folgt dem Grundsatz, Yoga müsse sich an den Menschen anpassen und nicht anders herum. Viele von uns verbringen einen Großteil des Tages im Sitzen und vor dem Computer. Das hat natürlich Auswirkungen auf unsere Körperhaltung ebenso wie auf die Flexibilität unseres Körpers und wird beim Vini-Yoga berücksichtigt, um nur ein Beispiel zu nennen.

Frage: Wenn Entspannung und Gelassenheit das Ziel sind/sein sollen, wie trägt Yoga dazu bei (und kann das in einer guten Stunde geschafft werden)?

Antwort: Yoga ist viel mehr als nur eine weitere Möglichkeit der körperlichen Ertüchtigung. Übergeordnet betrachtet bietet Yoga eine veränderte Betrachtungsweise dessen an, was uns umgibt und was uns begegnet. In der konkreten Praxis üben wir, Bewegung und Atem aufeinander abzustimmen und die Aufmerksamkeit auf das Jetzt, also den jeweiligen Augenblick, zu richten. 
In der vielleicht wichtigsten Schrift des Yoga, im Yoga-Sutra des Patanjali, wird der Effekt von Yoga sehr klar beschrieben. „Yoga ist das zur Ruhe kommen des (bewegten) Geistes“ (YS 1,2). Mit dem „bewegten Geist“ ist unser Alltagsgeist gemeint, der gerne von früh bis spät vom einen Gedanken zum nächsten springt und nur selten ruhig bei einer Sache bleibt.
In einer regelmäßigen Yoga-Praxis kann man dieses „ruhig bei einer Sache bleiben“ üben. Und je öfter man den wohltuenden Effekt dieser Ruhe, der Stille, spürt, desto leichter fällt es, auch abseits der Yogamatte bei dieser Ruhe zu bleiben. 

Frage: Viele möchten nicht „in der Gruppe atmen“ oder sich „verbiegen“ – warum sollte so jemand trotzdem kommen? Ist das nicht peinlich (Männer)?

Antwort: Natürlich kann man auch Yoga allein zu Hause üben. Das Internet bietet vielfältige Anregung dazu. Was diese Angebote allerdings nicht können, ist das Eingehen auf die Konstitution und die Bedürfnisse der/des Einzelnen, wie es im Vini-Yoga praktiziert wird. 
Die Sorge um die „Peinlichkeit“ im gemeinsamen Üben können wir getrost beiseite schieben. Beim Yoga geht es nur um unsere eigenen Möglichkeiten und um unsere eigene Erfahrungen genau in diesem Moment. Was der Nachbar auf der Neben-Matte macht, ist völlig irrelevant – und meine langjährige Erfahrung im Gruppenunterricht, ob als Schülerin oder als Lehrerin, zeigt: Da guckt auch keiner. Weil es unwichtig ist. 
In der Gruppe geübt kann insbesondere die Meditation einen sehr kraftvollen Effekt haben, die im traditionellen Verständnis ja der Mittelpunkt der Yoga-Praxis ist. Und das ist eine sehr schöne Erfahrung. 

Frage: Warum bietest du Yoga in der Tabakfabrik an?

Antwort: Die Tabakfabrik ist das pulsierende Zentrum in Linz für alles, was mit Innovation, Kreativität, Neugierde und Offenheit zu tun hat. All das sind Aspekte, die auch für Yoga zutreffen. Deshalb glaube ich, dass Yoga und Tabakfabrik wunderbar zusammen passen. Außerdem wollten wir den vielen „busy people“, die hier arbeiten, den Komfort von Yoga direkt auf dem Areal anbieten.

Frage: Wie bist du zum Yoga (Ausbildung, Angebot) gekommen und warum? Gab es einen „Auslöser“ bzw. speziellen Grund?

Antwort: Yoga begleitet mich, seit ich acht Jahre alt bin und mir meine Mutter zum Geburtstag ein Yoga-Buch für Kinder geschenkt hat. Später habe ich in herausfordernden Phasen meines Lebens die enorme Kraft von Yoga gespürt: Einmal nach einem schweren Autounfall, dessen Folgen ich mit einer regelmäßigen Yogapraxis gut im Griff habe. Und dann in meinem hauptberuflichen Alltag als Kunsthistorikerin: Hier war und ist Yoga in stürmischen Zeiten mein Fels in der Brandung.
Als ich 2016 von Innsbruck nach Linz gezogen bin, habe ich mich als erstes auf die Suche nach einem Yoga-Studio gemacht und unter den Angeboten nichts gefunden, was mich angesprochen hat. Der Zufall und die Empfehlung einer Studienkollegin führten mich ins Yoga Mandiram nach München, in die älteste Yoga-Ausbildungsschule in Bayern. Die dortige vierjährige und sehr anspruchsvolle Yoga-Ausbildung gilt als die Königsklasse unter den (mittlerweile) zahlreichen Ausbildungen und wird vom Bund der Yogalehrer Deutschlands und der Europäischen Yogaunion (BDY/EUY) zertifiziert.
Mit meinem Unterricht möchte ich Yogainteressierten in Linz das geben, was ich vermisst habe: Nämlich ein Yoga, das auf die Bedürfnisse von Menschen zugeschnitten ist, die im Beruf und Alltag gefordert sind und die sich einen nachhaltigen Ausgleich für ihr „busy life“ wünschen.